Masterstudiengang "Drug Regulatory Affairs"

Erfahrungsbericht

Claudia Lydia Abel

Ich bin von der Deutschen Gesellschaft für Regulatory Affairs, DGRA, gebeten worden zu berichten, wie und warum ich den Studiengang zum ’Master of Drug Regulatory Affairs’ absolviert habe.

Meine Darstellung soll Akademikern mit einem naturwissenschaftlichen Hintergrund Mut machen, sich für den Studiengang zu entscheiden, auch wenn sie bisher mit Arzneimitteln, deren Herstellung und Zulassung im engeren und der Pharmazie im weiteren Sinne nicht in Berührung gekommen sind. Für mich hat sich durch den Studiengang eine neue berufliche Perspektive ergeben. Ich kann jedem, der einen ähnlichen Lebenslauf hat wie ich und eine neue Herausforderung sucht, diesen Studiengang empfehlen und möchte anregen, ihn als ernsthafte Alternative in Erwägung zu ziehen. Auf inhaltliche Aspekte des Studienganges gehe ich bewusst in meiner Darstellung nicht ein. Diese können anderen Quellen entnommen werden. Nach meiner Ausbildung zur Medizinisch Technischen Laboratoriumsassistentin, MTLA, studierte ich mit Enthusiasmus Biologie. Besonders die Bereiche Immunologie, Mikrobiologie und Genetik hatten es mir angetan. Im Grundstudium war noch klar, ich werde Forscherin. Doch bald, besonders während der Diplomarbeit, wendete sich das Blatt. Das Leben an der Uni mit der oft fehlenden Realitätsnähe, verbunden mit dem Veröffentlichungswahn, ließen mich daran zweifeln, dass dies die Umgebung ist in der ich die nächsten Jahre meines Berufslebens verbringen wollte. Auch hatte ich zu dieser Zeit fast sechs Jahre Laborerfahrung, da ich während meines gesamten Studiums und der Diplomarbeit als MTLA im Nachtdienst an einem Notfallkrankenhaus gearbeitet hatte. Ein Tapetenwechsel schien mir notwendig und ich beschloss, in den Vertrieb-Marketing-Bereich der Diagnostik-Industrie zu wechseln. Dort arbeitete ich im Außendienst als Key Account Managerin mit Vertriebs- und Schulungsaufgaben. Zunächst war alles sehr interessant. Ich war im ganzen Bundesgebiet unterwegs, lernte viele Leute kennen, hatte nette Kollegen und fühlte mich mitten im Leben. Leider wurde der Diagnostik-Bereich meiner Firma dann innerhalb von zwei Jahren zweimal an einen anderen Konzern verkauft. Mein Arbeitsplatz war zwar sicher, aber die Perspektiven, die man mir in Aussicht gestellt hatte, schrumpften immer mehr zusammen und es fiel mir schwer mich mit der neuen Firma zu identifizieren. Nach fast sechs Jahren im Bereich Vertrieb-Marketing zog ich für mich Bilanz: Ich wurde bald 33 Jahre und es war somit langsam Zeit endlich den Job zu finden, in dem ich mir vorstellen konnte auch noch mit 40 oder 50 Jahren zu arbeiten. Bei der Überlegung, welche Alternativen sich für eine Diplom-Biologin mit meinem Lebenslauf anbieten, kam leichte Panik auf. Ich fuhr erst einmal in den Urlaub und überlegte mir an den langen Sandstränden der französischen Atlantikküste, was ich eigentlich wollte. Solche Gedankengänge führen zunächst meist zur Feststellung, was man eigentlich nicht will. Auf keinen Fall wollte ich im Bereich Vertrieb-Marketing bleiben. Es musste ein Job sein, in den ich einerseits mein Fachwissen und meine Berufserfahrung einbringen kann und der mir andererseits neue Fachbereiche eröffnet und neues Wissen abverlangt. Somit war klar, dass ich mich zusätzlich qualifizieren musste.

Ich checkte nach meiner Rückkehr aus dem Urlaub mehrere Alternativen: Wissenschaftsjournalismus, Lehramt für Biologie und Chemie, Berufsschullehrer, Patentanwalt, Auditor und Regulatory Affairs Manager. Ich unterhielt mich mit der Kollegin in meiner Firma, die für den RA-Bereich zuständig war. Obwohl sie mir ihren Job kritisch beschrieb, stellte sich mir ihre Arbeit doch sehr interessant und vielfältig dar.

Ich rief bei drei Pharmafirmen an und sprach mit den Leitern der RA-Abteilungen. Fazit war, dass ich als Diplom Biologin mit meiner Berufserfahrung und Null-Erfahrung bezüglich RA nur schwer in die engere Wahl der Bewerber für RA-Manager-Stellen kommen würde. Pharmazeuten direkt von der Uni oder schon mit etwas RA-Erfahrung würden immer vorgezogen werden. Ich war enttäuscht. Einige Tage später las ich wieder einmal die Stellenanzeigen in der FAZ und bemerkte eine kleine Notiz, die über einen neuen RA-Studiengang berichtete, der im Oktober 1999 zum ersten Mal starten sollte. Sofort erkundigte ich mich unter der angegebenen Telefonnummer und stand am folgenden Montag mit meiner Bewerbung in der Hand in der Geschäftsstelle der DGRA der Geschäftsstellenleiterin gegenüber. Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, war, dass die DGRA gerade frisch gegründet worden war und die Geschäftsstellenleiterin an diesem Montag ihren ersten offiziellen Arbeitstag hatte. Wir unterhielten uns lange, ich erzählte ihr meinen beruflichen Werdegang und meine Absicht, für den Studiengang und das halbjährige Praktikum meinen Job zu kündigen. Später erfuhr ich von ihr, dass ihr bei meinem Vorhaben meinen sicheren Job zu kündigen, heiß und kalt geworden ist, da zu diesem Zeitpunkt der Studiengang einschließlich der Wahl der Dozenten noch in der Planungsphase war.

Als ich dann die Zusage für das Studium vom Prüfungsvorsitzenden erhielt, fiel mir ein Stein vom Herzen, nun endlich hatte ich meine Chance. Der größte Teil meiner Familie und Freunde rieten mir ab zu kündigen und diesen Studiengang zu beginnen, ich hätte einen sicheren Job, ein gutes Gehalt, einen tollen Firmenwagen und außerdem sei ich doch schon fast Mitte Dreißig, da fängt man nicht mehr ganz von vorne an. Klar, das Risiko war da, aber aus meiner Sicht hatte ich nicht viel zu verlieren. Ich traf mich mit meinem Chef und erzählte ihm von meinem Vorhaben. Er war erstaunt, aber auch verständnisvoll und so nahmen die Dinge ihren Lauf. Der Studiengang zum ’Master of Drug Regulatory Affairs’ war manchmal hart, aber dafür äußerst vielschichtig und differenziert. Anfangs dachte ich, dass ich es nicht schaffe. Die Massen an Skriptmaterialien allein schon zu lesen, geschweige denn zu verstehen, das Schreiben der Hausarbeiten haben viele Stunden Arbeit gekostet. Natürlich kam ich mir zu Beginn neben den vielen Studienteilnehmern mit RA-Erfahrung etwas deplaziert vor. Durch den Wust an Abkürzungen, der in Diskussionen verwendet wurde, wusste ich manchmal gar nicht genau, wo eigentlich das Problem lag. Doch dieses Gefühl wandelte sich, auch dank der ausgeprägten Kollegialität unter den Studenten, schnell. Es bildeten sich Arbeitsgruppen und mit fast jedem Modul machte das Studium mehr Spaß. Das Praktikum absolvierte ich bei einem großen deutschen Pharmaunternehmen. Hier bekam ich einen guten Einblick in die Routine. Allerdings wurde durch die Berichte meiner Studienkollegen auch bewusst, dass die Strukturierung einer RA-Abteilung und ihre Stellung im Unternehmen äußerst unterschiedlich sein kann. Atmosphärisch trifft man alle Schattierungen von der abgeschotteten Registratur bis zum ’management-mäßigen’ RA-Department an. Das erworbene Wissen im Studiengang, das Praktikum und der intensive Austausch mit meinen Studienkollegen stellten eine Basis dar, die es mir ermöglichte, mich qualifiziert und zielorientiert zu bewerben. Von sechs abgeschickten Bewerbungen konnte ich hinterher zwischen drei Stellenangeboten wählen. Ich konnte es kaum glauben! Heute arbeite ich als RA-Managerin in der internationalen RA-Abteilung eines großen Pharmaunternehmens. Ich bin froh, mich damals mit allen Konsequenzen für den RA-Bereich und den Masterstudiengang der DGRA entschieden zu haben. Gerade Leute mit meiner Art Lebenslauf, die aktiv an der abteilungsübergreifenden Arbeit im Unternehmen teilnehmen und neben dem zulassungsrelevanten Wissen über die nationalen und internationalen Gesetzgebungen und Regularien das Verständnis für die Position des anderen, sei es zum Beispiel in der eigenen Marketingabteilung oder in der Behörde, mitbringen, werden in diesem Bereich gebraucht. Als RA-Managerin fühle ich mich oft als Koordinator, Vermittler, Anlaufstelle, Sammler und manchmal auch als Jäger, wenn man wieder hinter irgendeinem noch fehlenden Zertifikat herjagt. Der Job verlangt zum einen durch ständig neue und sich ändernde Gesetzgebungen und Regularien die Bereitschaft zur fortlaufenden Weiterbildung gepaart mit koordinativen, kreativen und kombinatorischen Fähigkeiten und zum anderen Ausdauer und Genauigkeit zur Bewältigung der täglichen Routine. Derjenige, den das vielseitige Aufgabengebiet des RA-Managers anspricht, sollte den Masterstudiengang der DGRA als Grundlage für eine berufliche Weiterentwicklung in Betracht ziehen. Wie man an meinem Beispiel sehen kann, gilt auch hier wieder das alte Sprichwort: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!“

Juni 2001,
Claudia Lydia Abel,
eine der ersten DGRA-Studenten

Download des Berichts als PDF-Datei