Masterstudiengang "Drug Regulatory Affairs"

Erfahrungsbericht

Assos. Prof. Dr. Tatyana Benishev-Dimitrova

(Innerhalb eines Jahres an 12 DGRA – Modulen teilzunehmen, Erfahrung an zwei Zulassungsbehörden zu sammeln und ein Praktikum im Drug Regulatory Affairs-Bereich in der Industrie zu absolvieren-ist das ein Traum oder realistisch möglich?)

Seit mehr als 17 Jahren beschäftige ich mich mit Zulassungsverfahren im Arzneimittelbereich, viel früher als die europäischen Regularien in Bulgarien eingeführt wurden. Bis Mitte der 90er Jahre waren Arzneimittel nur mit staatlicher Kontrolle von Arzneimitteln vertreten, weil das System streng zentralisiert geregelt und organisiert war. Zur Arzneimittelkontrolle wurden nationale Standards eingeführt; außerdem diente die russische Pharmacopoeia als Grundlage. Die Privatisierung des Pharmamarktes in Bulgarien hat Anfang der 90er Jahre begonnen: Innerhalb von 10 Jahren wurde der bulgarische Markt privatisiert und die Pharmaregelungen wurden langsam durchgesetzt.

Das erste bulgarische Arzneimittelgesetz wurde im Jahre 1995 dank des EU-PHARE-Projektes eingeführt. Es hat zirka drei Jahre gedauert, bis das Gesetz angenommen und publiziert wurde und dessen vollständige Implementierung hatte ungefähr weitere fünf Jahre in Anspruch genommen. Jahrelang habe ich an der Ausfertigung der Pharmaregelungen, als Experte in der Arzneimittelzulassungsbehörde, später als Beraterin der Gesundheitskommission und als Leiterin der Abteilung der Arzneimittelpolitik am Gesundheitsministerium gearbeitet. In dieser Zeit musste man immer neue Kenntnisse erlangen, weil sich enorm viel in diesem Bereich schnell aktualisierte und änderte. Für die Pharmagesetzgebung in Bulgarien sollte ich stets die neuen Regelungen im Pharmabereich etablieren. Die verschiedenen gesetzlichen Dokumente (Verordnungen, Richtlinien und Unterlagen) haben mich auf die Idee gebracht, einen systematischen Studiengang in dieser Richtung zu finden. Die verschiedenen Seminare und Kongresse in diesem Bereich konnten nur teilweise helfen, oder nur in einer bestimmten Richtung. Die Information über dem Studiengang „Master of Drug Regulatory Affairs“ an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn hatte diese Möglichkeit in Form der 12 umfassenden Module angeboten. Im Juni 2004 hatte ich mich um das für mein Verständnis in teressanteste Modul beworben, danach noch um das gesamte Studium, ohne im voraus zu wissen wie ich dies später organisieren könnte. Das bedeutete, eventuell von meiner Familie und meiner Arbeitstelle getrennt zu sein, und dazu musste ich das Risiko eines eventuellen Arbeitsplatzverlustes einkalkulieren! Eine sehr große Aufregung und Überraschung für mich war es, als ich die Bestätigung von der Uni bekommen hatte, dass ich mich an der Uni Bonn für den Studiengang „Master of Drug Regulatory Affairs“ einschreiben konnte, da ich alle Voraussetzungen erfüllt hatte. Die andere große Überraschung war, dass mir durch die CADREAC (EU - Collaboration Agreement between the Eastern European Countries) ein Stipendium gegeben wurde, und dadurch hatte ich die Chance, in Deutschland an der Uni Bonn, einen herausfordernden und zukunftsorientierten Studiengang im Arzneimittelbereich frei durchzuführen! Mein abgeschlossenes Studium der Humanmedizin und die bereits gesammelte Erfahrung im der Arzneimittelzulassung und Gesetzgebung haben sicher zu dieser schönen Aussicht beigetragen. Am Anfang hatte ich keine Ahnung, wie ich ein Jahr Aufenthalt in Deutschland organisieren könnte. Zuerst sollte meine Familie Verständnis dafür haben, und die Regelungen mit meinem Arbeitsgeber waren auch nicht einfach, weil ich die führende Position der Direktorin der Arzneimittelpolitik am Gesundheitsministerium abgeben musste, ohne zu wissen, ob ich diese Stelle nach Rückkehr von meinem Studium wieder erhalten könnte.

Am Anfang war es sehr aufregend, so eine Herausforderung anzunehmen, da ich alles in zwei fremden Sprachen erlernen sollte. Für mich war es nicht möglich, jede zweite Woche nach Deutschland zu fliegen, und deswegen erhielt ich den guten Vorschlag von der DGRA, in dieser Zeit in Deutschland ein Praktikum zu organisieren. Ich sollte für ein Jahr mein privates Leben opfern und im Ausland wohnen, ohne zu wissen, ob ich wirklich zurechtkommen könnte! Der Vorschlag von Herrn Prof. Glombitza (Der Vorsitzende des Studienganges „Drug Regulatory Affairs“ an der Uni im Bonn) war sehr verführerisch und in kurzer Zeit hatte ich fast alle Formalitäten mit der Familie und an der Arbeit organisiert. Die Arbeitsstelle am Gesundheitsminiteium wurde reserviert, ich konnte unbezahlten Urlaub für 2005 bekommen und so konnte Anfang Oktober 2004 ein spannendes Jahr in Deutschland für mich beginnen!
In einem Jahr 12 Module von Arzneimittel–Entwicklung, - Zulassung und - Pflege haben mir so einen Einblick und Kenntnisse gegeben, die ich selbst mit jahrelangen Erfahrungen nicht hätte erhalten können. Alle Vorlesungen und Gruppenarbeiten waren spannend und mit guter Diskussion verbunden. (sehe unten)

Die Klausur und die mündliche Prüfung waren sehr spannend, die Vorbereitung hat sehr viel gebracht, um unsere Kenntnisse zu strukturieren. Durch die direkte Praktikumserfahrung in der Pharmaindustrie (Grünenthal) und beiden beiden deutschen Behörden BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) und PEI (Paul-Ehrlich-Institut) hatte ich auch eine intensive und interessante Zeit, zwar mit viel Belastung, aber parallel mit viel gesammelter Erfahrung.

Praktikum
Das Praktikum bei zwei pharmazeutischen Behörden und in einem Unternehmen in
der Bundesrepublik Deutschland hat mir ei
nen Überblick über die Entwicklung und die
Bewertung von Arzneimitteln gegeben.

Praktikum am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
1. Für die Zeit beim BFArM war ich hauptsächlich in die EU-Verfahren eingebunden. Obwohl die Zeit im BFArM mir einer Umstrukturierung des Institutes verbunden war, durfte ich mich innerhalb einer kurzen Zeit mit folgenden Themen befassen:

  • Anforderungen bei Zentralen Verfahren, Regulation (EC) 726/2004 und NTA Volumen 2A;
  • Anforderungen bei dem Mutual Recognition Procedure nach Directive /2001/83 EC und NTA Volumen 2A;
  • Klinische Prüfungen in Deutschland und in der EU;
  • Pharmakovigilanz Anforderungen bei Arzneimitteln nach Direktive /2004/27/EC
  • Medizinproduktevigilanz-Anforderungen bei Medizinprodukten nach Richtlinie 90/385/EWG, Richtlinie 93/42/EWG, Richtlinie 98/79/EG;
  • Anforderungen bei Nachzulassung in Deutschland;
  • Anforderungen bei Konformitätsbewertungen von Medizinprodukten nach dem Medizinproduktgesetz
  • Anforderungen an Betäubungsmittelzulassungen in Deutschland;


Die Teilnahme an Besprechungen und Seminaren, Meetings und die Beobachtung vom CHMP EMEA- Meeting in Januar (17-20) 2005 haben mir sehr geholfen, die Verfahren besser zu verstehen. Die guten Kontakte mit vielen Kollegen aus dem BfArM waren auch von großer Bedeutung, um meine Zeit richtig auszunutzen und die Verfahren und die regulatorische Praxis besser zu verstehen. Es war sehr wichtig, mit den verschiedenen Experten unklare und kritische Punke zu besprechen (siehe die Bilder mit BfArM Kollegen).

Das Praktikum im Pharmaunternehmen Grünenthal
Das Praktikum im Pharmaunternehmen Grünenthal in der Abteilung für Regulatory Affairs war hauptsächlich mit den Anforderungen bei:

  • dem Mutual Recognition Procedure nach Direktive 2001/83/EC, as amended, und NTA Volumen 2A sowie
  • der Einführung in die Zulassungsverfahren von Arzneimitteln in der EU und in Nicht-EU-Staaten (Saudi Arabien, Jordanien, Libanon und Lateinamerika) verbunden. Die Teilnahmen an Arzneimittelverfahren und an der Erstellung von internen Dokumenten zur Regelung des Ablaufes von Verfahren war ein Teil der Arbeit.


Das Praktikum am Paul Ehrlich Institut
In dieser Zeit konnte ich mich mit Zulassungsverfahren in der Abteilung 7 „Hämatologie und Transfusionsmedizin“, dem Fachgebiet 7/1 „Gerinnungsfaktoren“ und mit dem Fachgebiet 7/3 „Chargenprüfung von Blutprodukten“ sowie mit dem generellen Ablauf von „Europäischen Verfahren“ (L/5) vertraut machen.

Im PEI habe ich mich auch mit folgenden regulatorischen Aspekten befasst:
I Europäische Zulassungsverfahren bei Blutprodukten
II. Nationale Zulassungsverfahren: Rechtliche Anforderungen an Blutprodukte nach der 12. AMG Novelle
III. Pharmakovigilanz - Inhalt und Aufbau des PSUR
IV. Anforderungen an die klinische Prüfung von Gerinnungsfaktoren
V. Anforderung an die präklinische Untersuchungen für die Initierung der klinischen Prüfung (I, II, III) in der EU, in den USA und in Japan.

Was hat mir ein Jahr DGRA an Kenntnissen vermittelt:

  • Kenntnisse auf dem letzten Stand im EU– regulatorischen Pharmabereich und auf weltweiter Ebene;
  • Im Hinblick auf die Arzneimittelzulassung während der Entwicklungsphase, wie man neue Arzneimittel an den Behörden EMEA und anderen Arzneimittelagenturen beraten kann.
  • Kenntnisse über Zulassungsverfahren in EU, USA und Japan und auch in anderen Länder in der Welt
  • Wie Anträge auf Zulassung (national/ international/EU-Ebene) erstellen und bearbeiten kann und welche notwendigen Unterlagen man braucht
  • Wie man Kontakte zu Behörden, Kliniken und Instituten, die mitverantwortlich den Arzneimittelverkehr pflegen und überwachen pflegen kann


Ergebnisse aus dem DGRA - Studium
Das Zusammensein mit 50 Studenten aus dem Studiengang 2004-2005 war eine tolle Erfahrung, die mir sehr für meine weitere Entwicklung in diesem Bereich geholfen hat. Die verschiedenen Diskussionen und Hausarbeiten wurden nicht nur während unseres Studiengangs ausgetauscht, sondern durch eine ständige und enge Verbindung im Intranet - in der „Yahoo Group“, die ein netter Kollege aus dem Studiengang 2004/2005 aufgebaut hat. Das Studium gibt die Gelegenheit, nicht nur neue Pharma-Gesetzgebung (Review – 2005) in Deutschland und in der EU besser zu verstehen, sondern auch die Qualitäts-, die pharmakotoxikologische und klinische Dokumentation eines Arzneimittels besser zu vertiefen. Die neuen EU-Anforderungen an ein Arzneimitteldossier (CTD) in Europa und die Interpretation der Gesetzgebung auf diesem Gebiet war für meine Ausbildung besonders wichtig. Das hat mir die neue Chance gegeben, eine neue Richtung, „Drug Regulatory Affairs“ an der Medizinischen Universität in Sofia anzufangen und zu entwickeln. Die verschiedenen Zulassungsverfahren in Europa wurden von den verschiedenen Referenten von unterschiedlicher Seite vorgestellt. Die Themen wurden nicht nur aus Sicht der Arzneimittelbehörden in Deutschland, sondern auch von der pharmazeutischen Industrie erklärt, diskutiert und vielseitig dargestellt. Die verschiedenen Tätigkeiten in diesem Jahr im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BFArM), Grünenthal und Paul Ehrlich Institut (PEI), an denen ich teilgenommen hatte, haben meine Erfahrung und die Kenntnisse verbessert und die Kontakte in diesem Bereich weiterentwickelt.

Die Teilnahme an EMEA – Januar Meeting 2005 hat mir wirklich großartig gezeigt, wie das ganze System, EMEA und die anderen Arzneimittelbehörden in Europa, funktionieren. Die Vorbereitung und das Schreiben einer Masterthesis als Bestandteil des Studienganges hat mir die Möglichkeit gegeben, ein bestimmtes Thema aus der neuen Arzneimittelgesetzgebung vertieft darzustellen. Die neuen Kenntnisse auf diesem Gebiet, die ich unter der Betreuung anerkannter Experten dargestellt habe, haben die berufliche Tätigkeit.weiterentwickelt. Theorie und Praxis sind in dem Lehrgang eng verbunden und durch das Praktikum an den beiden Behörden und an einem Pharmaunternehmen in Deutschland habe ich eine wirkliche Erfahrung und Vorstellung wie die beiden Seiten Regulatory Authorities und Industry eng gebunden sind. Meine Kenntnisse im Verhandlungsgeschick, Flexibilität, Belastbarkeit und die Fähigkeit zur Organisation komplexer Arbeitsabläufe haben sich bestimmt nach diesem DGRA- Studiengang positiv entwickelt. Die Fachkompetenz, die man in diesem Studiengang bekommen hat, und die Teamorientierung im Verbund mit den Studienkollegen haben mir geholfen, mich in dem nationalen, internationalen und regulatorischen Pharma-Umfeld besser zu orientieren Bei wem ich mich bedanken möchte: Für die Möglichkeit, diesen Studiengang zu beenden, bedanke ich mich bei der Deutschen Gesellschaft für Regulatory Affairs. Bei der DGRA- Geschäftsstelle bedanke ich mich ganz herzlich für die gesamte Betreuung und Unterstützung während meines Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland. (2004/2005). Ich möchte mich besonders herzlich bei Frau Sträter und Frau Vogel bedanken, die mir alles durch eine perfekte Organisation meines Studiums in Deutschland ermöglicht haben. Um meine Unterkunft und um mein Praktikum haben sie sich immer rechtzeitig und rührend gekümmert. Ich habe mich gewundert, wie sie neben ihrer großen organisatorischen Arbeitbelastung, der Betreuung des DGRA -Studiengangs und daneben noch vieler Seminare so eine Organisation geschafft haben. Ganz herzlich möchte ich mich bei den Behörden BfArM und PEI sowie der Firma Grünenthal und auch bei unserem Studiumsbetreuer Herrn Prof. Dr. Glombitza bedanken. Unser Betreuer hatte immer Verständnis für die Studenten gefunden und rechtzeitig und pünktlich die wichtigsten DGRA - Informationen und Aufgaben verteilt. Niemals hat er einen Termin verpasst oder ein Versprechen gegenüber den DGRA- Studenten nicht eingehalten:

Wir konnten uns immer auf ihn verlassen!

Assos. Prof. Tatyana Benisheva MD, PhD
Sofia
den 28 April 2006

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