Masterstudiengang "Drug Regulatory Affairs"

Master-Thesis

Die Rechtsstellung des Informationsbeauftragten nach § 74a AMG ***

Iulia Menzel (Abschlußjahr: 2018)

Zusammenfassung
Sprache: Deutsch
Die europäische RL 92/28/EWG über die Werbung für Humanarzneimittel (aufgegangen in Titel VIII RL 2001/83/EG) wurde mit dem fünften Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (AMGÄndG) vom 9.8.1994 in deutsches Recht umgesetzt. Neben werberechtlichen Bestimmungen, die in das Heilmittelwerbegesetz (HWG) einflossen, sah die Richtlinie in Art. 13 Abs. 1 die Schaffung einer wissenschaftlichen Stelle vor (heutiger Art. 98 Abs. 1 RL 2001/83/EG). Der deutsche Gesetzgeber hatte sich dafür entschieden, diese Rolle einer natürlichen Person zuzuweisen. Die Umsetzung erfolgte in Form des Informationsbeauftragten, der wie alle anderen Beauftragten im Pharmarecht innerhalb des Arzneimittelgesetzes (AMG) aufgeführt ist.  
Der Informationsbeauftragte nach § 74a AMG ist von jedem pharmazeutischen Unternehmer zu bestellen, der Arzneimittel in Deutschland in Verkehr bringt (§ 74a Abs. 1 S. 1 AMG). Für seine Tätigkeit muss er die erforderliche Sachkunde und Zuverlässigkeit mitbringen. Er trägt die Verantwortung für die wissenschaftliche Information (§ 74a Abs. 1 S. 1 AMG), die wenigstens die Überprüfung von Kennzeichnung, Packungsbeilage, Fachinformation und Werbung sowie die Beachtung des Irreführungsverbots nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG umfasst (§ 74a Abs. 1 S. 2 AMG). Die Regelung in § 74a AMG ist nicht abschließend.
Die vorliegende Arbeit setzt sich intensiv mit den Inhalten des § 74a AMG auseinander. Zunächst wird erörtert, für wen die Notwendigkeit besteht, einen Informationsbeauftragten einzusetzen (§ 74a Abs. 1 S. 1 AMG), und wer von dieser Verpflichtung befreit ist (§ 74a Abs. 3 AMG). Im Anschluss wird umfangreich auf die gesetzlich nicht näher definierten Begriffe der erforderlichen Sachkenntnis und Zuverlässigkeit (§ 74a Abs. 1 S. 1 AMG) eingegangen und der durch das AMG festgelegte Aufgabenbereich des Informationsbeauftragten (§ 74a Abs. 1 S. 1 u. 2 AMG) wird betrachtet.
Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Aufgabe des Informationsbeauftragten innerhalb der Heilmittelwerbung gelegt. Ursprünglich bestand hier eine Zuständigkeit des Vertriebsleiters, dem § 19 Abs. 3 AMG a. F. die Verantwortung für die Einhaltung der Bestimmungen des HWG zuwies. Der Informationsbeauftragte hatte in diesem Zusammenhang lediglich die fachliche Richtigkeit der Werbeaussagen sicherzustellen. Mit dem vierzehnten AMGÄndG vom 29.8.2005 wurde § 19 AMG novelliert und die Position des Vertriebsleiters abgeschafft. Gleichzeitig wurde jedoch § 74a AMG nicht grundlegend modifiziert. Seither wird dem Informationsbeauftragten häufig die generelle Kontrolle über die Einhaltung der werberechtlichen Vorschriften zugewiesen. Dieser Annahme wird innerhalb der vorliegenden Arbeit widersprochen.
Dabei wird § 74a AMG im Kontext der europäischen Gesetzgebung betrachtet. Es lässt sich feststellen, dass § 74a AMG nicht deckungsgleich mit Art. 98 Abs. 1 RL 2001/83/EG ist, aus dem er sich ableitet. Die Masterarbeit beinhaltet eine umfangreiche Gegenüberstellung beider Vorschriften und klärt, ob § 74a AMG richtlinienkonform umgesetzt wurde. Diese Frage stellt insbesondere, nachdem der EuGH mit dem "Gintec-Urteil" (Rs. C-374/05) vom 8.11.2007 entschieden hat, dass mit der RL 2001/83/EG eine vollständige Harmonisierung des Bereichs der Arzneimittelwerbung erfolgt ist. Jedoch kann innerhalb der Masterarbeit aufgezeigt werden, dass diese Vollharmonisierung nicht in Bezug auf § 74a AMG gilt. Angesichts dessen kann eine richtlinienkonforme Umsetzung angenommen werden.
Weiterhin wird diskutiert, ob ein pharmazeutischer Unternehmer mit Sitz im Ausland, der in Deutschland neben zentral zugelassenen Medikamenten keine national zugelassenen Arzneimittel in Verkehr bringt, einen Informationsbeauftragten zu bestellen hat, wenn er auf europäischer Ebene bereits eine wissenschaftliche Stelle geschaffen hat. Die Frage stellt sich, weil davon ausgegangen wird, dass er keines Stufenplanbeauftragten nach § 63a AMG bedarf, sofern er auf europäischer Ebene bereits eine Qualifizierte Person für Pharmakovigilanz (QPPV) etabliert hat. Für den Informationsbeauftragten gestaltet sich die Situation jedoch rechtlich anders.
Die EU-Mitgliedsstaaten können die Sanktionen bei heilmittelwerberechtlichen Verstößen selbst festlegen (Art. 99 RL 2001/83/EG). Das ist in Deutschland - in Bezug auf den Informationsbeauftragten - im AMG, HWG und UWG geschehen. Hier sind Ordnungswidrigkeits- oder Straftatbestände geschaffen worden. Darauf geht die Masterarbeit ebenso ein, wie sie die privatrechtliche Haftung des Informationsbeauftragten erörtert. Außerdem wird aufgezeigt, dass sich mitwirkende Arbeitskollegen nicht der Verantwortung entziehen können.
Seiten (einschließlich Annex): 59