Masterarbeit
Auswirkungen der EU-Fluorgas-Verordnung (EU) 2024/573 auf Drug Regulatory Affairs: Eine Analyse der regulatorischen Anforderungen und deren Folgen für Umwelt, Arzneimittelversorgung und Patientensicherheit ***
Marvin Witt (2025)
Zusammenfassung
Sprache: Deutsch
Die neue EU-Verordnung (EU) 2024/573 über fluorierte Treibhausgase (F-Gase) leitet einen Paradigmenwechsel in der europäischen Umweltpolitik ein. Erstmals wird der pharmazeutische Sektor vollständig in den verpflichtenden schrittweisen Ausstieg (Phase-down) aus klimaschädlichen Treibmitteln einbezogen. Dies hat direkte Konsequenzen für Dosieraerosole (pMDIs), die hydrofluorierten Kohlenwasserstoffe (HFKW) als Treibmittel verwenden und eine zentrale Rolle in der Therapie von Millionen Patienten mit Atemwegserkrankungen wie Asthma und COPD spielen. Durch diese Regulierung entsteht ein erhebliches Spannungsfeld zwischen ambitionierten Klimaschutzzielen und der Notwendigkeit, die Arzneimittelversorgung und Patientensicherheit zu gewährleisten.
Die vorliegende Arbeit analysiert die weitreichenden Auswirkungen dieser Verordnung auf den Bereich Drug Regulatory Affairs. Die Ergebnisse zeigen, dass die Industrie vor enormen Herausforderungen steht. Der erforderliche Treibmittelwechsel wird zulassungsrechtlich als komplexe „Variation Typ II“ eingestuft, die umfangreichen Daten zur Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit erfordert. Die Entwicklungs- und Zulassungszyklen für solche Reformulierungen dauern typischerweise viele Jahre und stehen im Konflikt mit den kurzen, politisch festgelegten Fristen der Verordnung. Dies birgt erhebliche Risiken für die Lieferkettenstabilität, die durch bereits bestehende Engpässe, wie bei Salbutamol, zusätzlich verschärft werden.
Darüber hinaus führt die Umstellung zu erheblichen ökonomischen Belastungen, die insbesondere Generikahersteller gefährden und zu einer Marktkonsolidierung führen könnten. Auch die Patientensicherheit ist betroffen, da Änderungen an den Inhalatoren die Therapietreue negativ beeinflussen können. Die Analyse der internationalen regulatorischen Landschaft zeigt zudem erhebliche Divergenzen auf, da andere wichtige Märkte wie die USA den Pharmasektor von ähnlichen Regelungen explizit ausnehmen, was global agierende Unternehmen vor zusätzliche strategische Herausforderungen stellt.
Zusammenfassend kommt die Arbeit zu dem Schluss, dass die F-Gas-Verordnung zwar ein wichtiger Schritt für den Klimaschutz ist, ihre Umsetzung im Pharmasektor jedoch die spezifischen regulatorischen Realitäten und die Risiken für die Gesundheitsversorgung nicht ausreichend berücksichtigt. Es bedarf einer proaktiven Zusammenarbeit aller Stakeholder und der Nutzung regulatorischer Flexibilitätsinstrumente, um die Transformation zu nachhaltigeren Inhalationstherapien zu steuern, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden.
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